Neuregelung der Hämophilieversorgung im GSAV gefährdet aus Patientensicht gut funktionierende Versorgungsstrukturen
11.04.2019
Schepperle betont die möglichen negativen Auswirkungen einer Verlagerung der Abgabe von Gerinnungsfaktoren hin zu den Apotheken. Risiken in der Dokumentation, mangelnde Überwachung der Patienten und die unklare Abgrenzung zwischen Apotheke und verschreibendem Arzt würden die Standards der Hämophilieversorgung unmittelbar senken. Langfristig sieht Schepperle vor allem das mühsam aufgebaute Netz an Hämophiliezentren gefährdet, da viele Patienten deren spezialisierte Leistungen aufgrund eventuell höherer räumlicher Distanzen nicht mehr in Anspruch nehmen würden. Ein entsprechender Kompetenzverlust im Bereich der Hämostaseologie sei irreversibel, so Schepperle. Damit würden viele Kontrollen für eine sichere Patientenversorgung unterbleiben und eine erfolgende Datenerhebung, die für die Hämophilieforschung unentbehrlich ist, mit hoher Wahrscheinlichkeit sinken. „Mir ist unerklärlich, dass diese Struktur gefährdet wird, obwohl klar ist, dass komplexe und seltene Erkrankungen am besten in Zentren bzw. hoch spezialisierten Einrichtungen behandelt und erforscht werden können“, so Schepperle. Die Aufhebung des Direktvertriebswegs gemäß § 47 AMG führe nunmehr zu einer Abkehr von einem langjährig etablierten und effizienten System mit bislang hoher erwiesener Sicherheit und Qualität für die Patienten.
Aus Sicht des Juristen Dr. Rybak ist die Forderung nach mehr Transparenz in der Versorgung nachvollziehbar, die Abschaffung der Direktabgabemöglichkeit ist hierfür jedoch keine Voraussetzung. Es sei rechtlich sinnvoller und praktikabler, mehr Transparenz in die bisherigen Leistungsbeziehungen zu bringen, als die komplette Versorgungsstruktur zu ändern.
Die Interessengemeinschaft Hämophiler fürchtet als Konsequenz des GSAV in seiner aktuellen Form eine zukünftig wieder steigende Morbidität von Hämophilipatienten. „Das Gesetz ist eine Abkehr vom ursprünglichen Ziel einer höchstmöglichen Sicherheit und Qualität bei der Behandlung von Hämophiliepatienten“, so Schepperle abschließend.
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