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Sparen auf Rezept – Verbraucher befürworten Rezeptboni

Die Regelungen zur Preisbindung des über 40 Milliarden Euro großen Marktes für rezeptpflichtige Arzneimittel verstoßen nach einem viel beachteten Urteil des EuGH vom 19. Oktober gegen EU-Recht. Dies bedeutet zunächst, dass es Apotheken-Versandhändlern mit Sitz außerhalb Deutschlands – wie etwa den niederländischen Anbietern DocMorris oder der Europa Apotheek – erlaubt ist, Boni auf Rezepte zu gewähren. Deutschen Versandhändlern und stationären Apothekern steht dieses Instrument nach deutschem Recht gegenwärtig nicht zur Verfügung. Die Strategieberatung SEMPORA Consulting hat das EuGH Urteil zum Anlass genommen, um im Rahmen einer Impulsstudie deutschlandweit die Meinung von gut 1.000 Verbrauchern zu dem Thema zu erheben. Im Zentrum stand die Frage, in welchem Umfang Patienten bereit sind, Bonusangebote für die Einlösung von Rezepten anzunehmen und wie dies die Wahl ihrer Apotheke beeinflusst.

25.10.2016

Nach dem Spruch des EuGH gewähren die holländischen Versandapotheken aktuell mindestens 2 € je rezeptpflichtigem Arzneimittel (also z.B. bei 5 Packungen auf einem Rezept 10 €). Dies ist für Verbraucher offensichtlich attraktiv: Mehr als die Hälfte (51%) der befragten Verbraucher sind bei einem Bonus von 2 € je rezeptpflichtigem Arzneimittel bereit, dieses „immer“ oder „meistens“ beim Versandhandel einzulösen. Lediglich 9% würden „nie“ Rezepte gegen Bonus bei Versandapotheken einreichen.

Im Rahmen der Befragung wurden zum Teil erhebliche Unterschiede in der Neigung, Rezeptboni in Anspruch zu nehmen, offensichtlich: Jüngere (18-28 Jahre) sind mit 62% deutlich Rezeptbonus-affiner als ältere Befragte (59 Jahre und älter) mit 41%. Auch die generelle Affinität zum Versandhandel spielt eine Rolle: 80% der Verbraucher, die heute schon sehr intensiv (12 und mehr Bestellungen p.a.) bei Internetapotheken bestellen, würden Rezeptboni in Anspruch nehmen. Dieser Wert ist mit 31% bei Konsumenten, die heute nicht im Apotheken-Versandhandel kaufen, deutlich geringer. Die Bereitschaft, Rezeptboni „immer“ zu nutzen ist in der Patientengruppe mit einer hohen Anzahl von Rezepten (>12 p.a.) mit 30% nahezu doppelt so hoch wie bei Kunden mit nur ein bis drei Rezepten (17%). Es liegt nahe, dass gerade chronisch Kranke versuchen werden, ihr Budget für Gesundheitsausgaben durch Rezeptboni zu schonen.

Eine deutsche Apotheke darf heute - im Gegensatz zu europäischen Versandapotheken - keinen Rezeptbonus anbieten. Die weitere rechtliche Auseinandersetzung um diese Diskriminierung deutscher Apotheken bleibt abzuwarten. Aus Sicht der Verbraucher jedoch ist die Präferenz eindeutig, falls auch stationäre Apotheken Rezeptboni in ähnlicher Höhe wie z.B. DocMorris anbieten würden. Fast drei Viertel (73%) der Befragten würden künftig „ausschließlich“ oder „überwiegend“ zu denjenigen stationären Apotheken gehen, die einen Rezeptbonus anbieten. Ergo: Apotheken, die keinen Rezeptbonus bieten, würden massiv Kunden verlieren.

Apotheken mit Rezeptbonus wäre dabei das Zusatzgeschäft mit rezeptfreien Produkten  (Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika etc.) gewiss, denn 68% der Verbraucher würden auch diese OTC Produkte bei Apotheken einkaufen, bei denen ein Rezeptbonus gewährt wird.

Befragt nach der Bedeutung der Beratung und Qualität in der Apotheke zeigt sich das Bedrohungspotential des Rezeptbonus für die stationären Apotheke: Für (lediglich) 43% der Verbraucher ist „bei guter Beratung und Qualität der Apotheke (…) ein Rezeptbonus nicht entscheidend“. Das heißt: Bei 57% steht der Bonus im Vordergrund.

„Eine flächendeckende Einführung von Rezeptboni bei deutschen Apotheken würde zu massiven Veränderungen im Gefüge der deutschen Apothekenlandschaft“ führen, folgert Thomas Golly, Managing Partner bei SEMPORA Consulting. „Die jetzt durch das EuGH Urteil initiierte ‚kleine Variante‘ der Boni nur von Versendern wie DocMorris und Europa Apotheek stellt einen Paradigmenwechsel dar, denn es weckt neue Begehrlichkeiten bei Kunden und Patienten.“

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