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Arzneimittelversandhandel: Rezeptfreie Produkte seit Herbst 2016 verstärkt im Aufwind

Seit der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Oktober 2016 ein Urteil zur Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gesprochen hat, gibt es in Deutschland eine heftige Diskussion über das Für und Wider eines Versandhandelsverbots rezeptpflichtiger Medikamente. Erste Analysen von QuintilesIMS ab dem Zeitpunkt des Rechtsspruchs zeigen auf Basis von Fakten aus dem Markt, dass eine Erkältungswelle seit Herbst 2016 das Bestellgeschäft bei rezeptfreien Präparaten gestärkt hat. Bei rezeptpflichtigen Medikamenten erhöht sich der monatliche Absatz nur wenig.

27.03.2017

Laut EuGH-Urteil vom 19.10.2016 hat die deutsche Preisbindung bei verschreibungspflichtigen (Rx) Arzneimitteln im Kontext der Europäischen Union (EU) keinen Bestand. Das bedeutet für Versandapotheken im EU-Ausland, dass sie Boni auf Rx-Medikamente gewähren dürfen. Als Reaktion auf das Urteil hat sich hierzulande eine Debatte entwickelt, in der sich Befürworter und Gegner eines Rx-Versandverbots einen kontinuierlichen Schlagabtausch liefern.

QuintilesIMS hat anhand von Fakten aus dem Markt untersucht, wie sich das Bestellgeschäft nach dem Urteil gegenüber der Zeit davor entwickelt hat. Es handelt sich um erste Analysen auf monatlicher Basis bis einschließlich Januar 2017, so dass noch eine gewisse Vorsicht bei der Interpretation der Marktzahlen geboten erscheint, da aufgrund der geringen Zeitdauer noch nicht auszumachen ist, ob die Ergebnisse eine Kurzfristreaktion widerspiegeln oder aber den Beginn einer stabileren Entwicklung kennzeichnen.

Der Versandhandel mit rezeptfreien Arzneimitteln verzeichnet schon seit Jahren einen Aufwärtstrend. Im Jahr 2016 entfielen 93 % von rund 113 Mio. versendeten Packungen auf OTC-Produkte (ink. Diagnostika) und entsprechend nur 7 % auf rezeptpflichtige Medikamente. 77 % des im Bestellgeschäft erzielten Umsatzes von insgesamt 2 Mrd. Euro (zum Apothekenverkaufspreis ohne Abzug jeglicher Rabatte) vereinen rezeptfreie Arzneien bzw. Produkte auf sich, die verbleibenden 23 % rezeptpflichtige Präparate.

Gemessen am Apothekengesamtmarkt, also unter Einbeziehung von Vorortapotheken und Versandhandel, entfällt auf das gesamte Bestellgeschäft ein Anteil von fast 8 % nach Menge und knapp 4 % nach Wert. Der Anteil des Rx-Versands am gesamten Rx-Apothekenmarkt beträgt je 1 % nach Absatz und Umsatz. Rezeptpflichtige Arzneimittel gehen also zu 99 % in der Vorortoffizin über die Theke. Auf den OTC-Versand entfällt ein Anteil von 12 % nach Menge und 15 % nach Wert am gesamten OTC-Apothekenmarkt.

Zur Beantwortung der Frage, ob sich das EuGH-Urteil schon auf den Versandmarkt auswirkt (Abb. 1), zeigen erste Analysen: Zwischen Oktober 2016 und Januar 2017 erfährt der Versand von OTC-Arzneimitteln einen deutlichen Schub. Bei rezeptpflichtigen Medikamenten erhöht sich der monatliche Absatz nach Packungen ebenfalls, jedoch vergleichsweise wenig. Im Schwerpunkt hängt der Aufschwung bei OTC-Produkten mit einer Erkältungswelle zusammen wie Analysen zur Marktentwicklung verschiedener Arzneigruppen verdeutlichen (Abb. 2). Der Absatz von Schnupfenmitteln sowie Husten- und Erkältungspräparaten, welche bei OTC-Arzneien die mengenmäßig führenden Kategorien bilden, steigt seit Oktober 2016 merklich an. Auch die Menge einiger eher nicht-saisonal bedingt anzuwendender Arzneimittel wie z.B. Mittel gegen Sodbrennen oder Augenpräparate erhöht sich, wenn auch auf niedrigerem Niveau.

Ob die aktuelle Diskussion um ein Rx-Versandhandelsverbot einen Abstrahleffekt auf die gezeigten Mehrbestellungen bei OTC-Produkten hat, ist derzeit schwer zu beurteilen. Der Anteil des OTC-Versandhandels am gesamten OTC-Apothekenmarkt hat sich in den Monaten Oktober und November 2016 sowie Januar 2017 nur sehr geringfügig erhöht, was eher gegen diese Überlegung spricht. Letztlich wird dies jedoch erst über einen längeren Zeitraum zu überprüfen sein.

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