AOK-Bundesverband: Arzneimittelgesetzgebung darf kein Pharmawunschkonzert werden
13.07.2016
Um die Preisdynamik neuer Arzneimittel im ersten Jahr nach Markteinführung in den Griff zu bekommen, steht weiterhin der Vorschlag einer Umsatzschwelle im Raum. Litsch dazu: "Hier vermissen wir einen konkreten Euro-Schwellenwert, der deutlich macht, dass es sich nicht bloß um eine Scheinlösung handelt. Dazu müsste dieser Schwellenwert, wie bei den Orphan Drugs, bei höchstens 50 Millionen Euro liegen. Und auch das Karenzjahr nach Zulassungserweiterung müsste einbezogen werden. Ungleich wirksamer wäre ohnehin die rückwirkende Geltung des zwischen Pharmaunternehmen und Krankenkassen verhandelten Erstattungspreises ab dem ersten Tag nach Markteinführung."
Besonders kritisch sieht der AOK-Bundesverband das Vorhaben, mehr Flexibilität bei der Vereinbarung eines Erstattungsbetrages zuzulassen, wenn kein Zusatznutzen festgestellt wird. Hier drohe die komplette Aufweichung der AMNOG-Systematik, wonach höhere Preise nur bei Arzneimitteln mit Zusatznutzen gerechtfertigt sind. "Diese überzeugende Logik dürfen wir jetzt nicht opfern", so Litsch. Auch bei der Nutzenbewertung wolle die Koalition den Pharmainteressen entgegen kommen und die gültigen Standards zum Nachweis eines Zusatznutzens zurückfahren.
Die weiterhin geplante Vertraulichkeit der Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel lehnt der AOK-Bundesverband strikt ab. Martin Litsch: "Diese Intransparenz schadet nicht nur der gesellschaftlichen Diskussion über angemessene Arzneimittelpreise, es ist auch das komplett falsche Signal an die Ärzte, denn diese haben dann keine Möglichkeit mehr, kostenbewusst zu verordnen. Auch das führt langfristig zu steigenden Medikamentenpreisen." Für die von der Pharmaindustrie versprochenen zusätzlichen Rabattspielräume gebe es aus den letzten Jahren keine glaubhaften Belege, so Litsch weiter.
Zur Fortschreibung des Preismoratoriums für Arzneimittel im Bestandsmarkt stellte der Verbandschef fest: "Das bleibt absolut notwendig. Ansonsten müsste sich die Solidargemeinschaft auf weitere erhebliche Kostenschübe einstellen. Es würde alles teurer, aber nichts besser."
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