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19. Kongress für Versorgungsforschung in Berlin

Der 19. Deutsche Kongress für Versorgungsforschung am vom 30. September – 01. Oktober war wissenschaftlich ein großer Erfolg: 510 Abstracts, 2 Plenarsitzungen, 42 Abstract-Sessions, 50 Poster-Sessions, 4 Symposien, 700 Teilnehmer sorgten für ein umfangreiches und interessantes Programm.

08.10.2020

Prof. Monika Klinkhammer-Schalke, Vorsitzende des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung, zieht eine positive Kongressbilanz: „Drei Dinge haben sich gezeigt: 1. Versorgungsforschung ist Spitzenforschung, die je nach Fragestellung klinische Daten und Daten aus der Versorgung verknüpft, damit eine bessere Versorgung für die Patient*innen ermöglicht wird. 2. Die Versorgungsforschung unterstützt die Bewältigung der COVID-19 Pandemie aktiv in vielen Bereichen. 3. Wir brauchen dringend, ähnlich wie in der Onkologie, klare Rahmenbedingungen für klinische Register, damit schnell Daten in Krisen zur Verfügung stehen und offene Fragen bezüglich der Versorgung (z. B. fehlende Evidenz für wichtige Fragen in Leitlinien) beantwortet werden können.“ Besonderen Dank richtet Frau Prof. Klinkhammer-Schalke an das Bundesgesundheitsministerium für das Satellitensymposium zum Thema „Nutzung versorgungsnaher Daten“.

In drei parallelen Workshops wurden die Möglichkeiten, versorgungsnahe Daten für das Pandemiemanagement, wissensgenerierende Versorgungsforschung ebenso international diskutiert, wie die Frage, welche methodischen und datenspezifischen Anforderungen an die Nutzung versorgungsnaher Daten zu stellen sind. Auch die rege Beteiligung des wissenschaftlichen Nachwuchses sei ein außerordentlich positives Zeichen gewesen. Die diesjährige Ausgabe stand unter dem Eindruck des SARS-Cov2-Virus und beschäftigte sich in großem Maße mit den bereits dazu gewonnenen Erkenntnissen der Versorgungsforschung. Auf dem Kongress wurden erste Studien zur Corona-Pandemie vorgestellt, für die Ärzte und Pflegekräfte befragt wurden. Die Ergebnisse zeigen Licht und Schatten: Zwar ist die Bereitschaft des stationären Sektors, digitale Lösungen zum Datenaustausch und zur Kommunikation zu verwenden, deutlich gewachsen. Solche Lösungen wurden auch schnell eingerichtet und genutzt. Kritisiert wurde jedoch die Versorgung mit Schutzausrüstung, vor allem mit Masken. Der Mangel hat innerhalb des Systems offensichtlich zu starker Verunsicherung auch auf Seiten der Leistungserbringer geführt. Prof. Reinhard Busse, Präsident des diesjährigen Kongresses für Versorgungsforschung, plädiert deswegen für eine staatliche Verpflichtung für Krankenhäuser, solche Ausrüstung vorzuhalten: „Wenn Krankenhäuser dies trotz ihrer Verfasstheit als wirtschaftlich eigenständige Einrichtung nicht tun, muss die Diskussion darüber erlaubt sein.“ Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie: Die entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Pandemie fällt nicht den Krankenhäusern zu, sondern dem Testregime und der Versorgung außerhalb des stationären Sektors – auch weil das Verbreitungsrisiko des Virus im ambulanten Bereich deutlich niedriger ist.

Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte Ende Februar noch gerade rechtzeitig seine Empfehlung einer Klinikeinweisung bei COVID-19-Infektion korrigiert. Doch auch in der Krankenhausversorgung gibt es noch Optimierungsbedarf, so Busse: „Wir können den Zahlen ablesen, dass sehr viele Patienten, die beatmungspflichtig geworden sind, später noch verlegt werden mussten, weil sie zuerst in Häuser eingewiesen wurden, die sich mit solch komplexen Krankheitsbildern gar nicht auskannten.“ Zuweisungen müssten daher gezielter erfolgen, wofür eine bessere Datenlage unabdingbar sei. Die Corona-Pandemie habe dahingehend große Schwächen im System offenbart, so Busse. Es sei ein Unding, dass zu Beginn nicht einmal bekannt gewesen sei, wie viele Beatmungsplätze und wie viele freie Betten in Deutschland vorhanden waren. „Wir sehen, dass wir deutlich mehr Daten brauchen, um eine aktuelle Steuerung des Geschehens zu ermöglichen. Das können wir von anderen Ländern lernen.“

Prof. Wolfgang Hoffmann, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung, sieht den Kongress als eindrucksvolles Zeugnis der Bedeutung der Versorgungsforschung für das deutsche Gesundheitssystem. „Die Neuheit und Unsicherheit der Pandemie-Situation hat Entscheidungsträgern in der Politik und Versorgung deutlich vor Augen geführt, wie praxisrelevant die Ergebnisse der Versorgungsforschung sind und wie sehr Evidenz aus der Wissenschaft dabei unterstützt, die richtigen Entscheidungen zu treffen - und gleichzeitig die Akzeptanz für die vielfach gravierenden Entscheidungen zu verbessern.“

Das digitale Format war für die Deutsche Netzwerk für Versorgungsforschung ein Wagnis. Das Netzwerk bedankt sich für die herausragenden Vorträge, das gute Zeitmanagement in den Sessions, und ganz besonders auch bei den engagierten Vorsitzenden und den Sponsoren. Ein besonderer Dank gilt auch allen TeilnehmerInnen, die den kleinen und mittleren Pannen des online-Formates mit der für Versorgungsforscher typischen Resilienz begegneten. Ab Dienstag, dem 6.10.2020, besteht die Möglichkeit, alle Sessions, Symposien und Poster noch einmal jederzeit als Stream abzurufen. 2021 folgt die Fortsetzung: Der 20. DKVF mit dem Kongresspräsidenten Prof. Holger Pfaff steht unter dem Motto „Versorgungskontext verstehen- Praxistransfer verbessern“ und findet vom 06. – 08.10.2021 in Potsdam statt.

 

Dr. Albrecht Kloepfer
Büro für gesundheitspolitische Kommunikation
kloepfer@albrecht-kloepfer.de
0178 784 41 92

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