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14. TMF-Jahreskongress in Köln: Expertinnen und Experten fordern bessere Datennutzung für eine Wissen-generierende Versorgung

Vom 18.-19. April 2023 fand der 14. TMF- Jahreskongress an der Uniklinik Köln statt, bei dem 160 führende Expertinnen und Experten aus der Medizin und Wissenschaft zusammenkamen, um aktuelle Themen und Herausforderungen in der medizinischen Forschung zu diskutieren. Der Kongress mit dem Motto „Medizin der Zukunft – wohin führen OMICS, Digitalisierung und gesellschaftlicher Wandel?“ legte den Fokus auf die Chancen und Herausforderungen der genomischen Medizin.

24.04.2023

„Technischer Fortschritt und soziale Veränderungen werden ausschlaggebend dafür sein, wie medizinische Versorgung und Forschung in den vor uns liegenden Jahren aussehen werden“, betonte der TMF-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Michael Krawczak in seiner Eröffnungsrede. Insbesondere den Omics-Technologien wird ein enormes Potenzial in der Medizin zugeschrieben. Ärztinnen und Ärzte demonstrierten auf dem Kongress, wie genetische oder genomische Daten in Kombination mit klinischen Patientendaten die Prävention, Diagnose und Behandlung verschiedener Krankheiten, insbesondere in der Onkologie und in den sogenannten „Seltenen Erkrankungen“ personalisieren und verbessern können.

genomDE möchte Genomsequenzierung in die Regelversorgung einführen

Derzeit ist der Einsatz der genomischen Medizin jedoch noch durch strukturelle Hindernisse eingeschränkt und auf einzelne Leuchtturmprojekte und -netze begrenzt. Ein Gesamtkonzept, insbesondere für die übergreifende Zusammenführung genomischer und klinischer Daten, gibt es noch nicht. Das möchte das vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Projekt genomDE ändern: Hier wird ein Konzept für die deutschlandweite Einführung der Genomsequenzierung für onkologische und seltene Erkrankungen erarbeitet, in das alle bedeutenden Stakeholder eingebunden sind. Es soll ab 2024 in einem Modellvorhaben nach §64e in der Versorgung erprobt werden. „GenomDE bietet hierbei die Chance, viele gut funktionierende Initiativen zusammenzuführen, die Hindernisse in der Bürokratie gemeinsam zu lösen und somit ein Best Practise Beispiel für die Umsetzung wissengenerierender Versorgungskonzepte in die Praxis zu schaffen“, erläuterte Tagungspräsidentin Prof. Dr. Rita Schmutzler, Uniklinik Köln. „Eine enge Zusammenarbeit zwischen Forschenden und Patientenvertretern ist ebenfalls von großer Bedeutung. Patienten können wertvolle Einblicke in ihre Erfahrungen mit Krankheiten und Therapien bieten und dazu beitragen, dass die medizinische Forschung stärker an ihren Bedürfnissen ausgerichtet wird", so Sebastian C. Semler, Leiter der genomDE-Koordinationsstelle.

Wissen-generierende Versorgung nutzt Daten besser

Prof. Dr. med. Michael Hallek, Direktor der Klinik I für Innere Medizin an der Universität zu Köln und Vorsitzender des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen, erläuterte in seiner Keynote das Konzept der Wissen-generierenden Versorgung in der Krebsmedizin. Eine Wissen-generierende Versorgung ermöglicht nicht nur, dass Patienten nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen behandelt werden, sondern gleichzeitig durch die systematische und standardisierte Erfassung und Auswertung von Daten aus der Versorgungspraxis dazu beitragen, neue Erkenntnisse zu gewinnen. Die Wissen-generierende Versorgung ist ein vielversprechendes Konzept, das dazu beitragen kann, die Gesundheitsversorgung in Zukunft effektiver und patientenorientierter zu gestalten. Hallek forderte weiterhin den Abbau bürokratischer Hürden in der Forschung, eine bessere Datennutzung sowie mehr Pragmatismus und Umsetzungsstärke in der Digitalisierung der Gesundheitsforschung.

Konvergenz und Synergien zwischen Forschungsdateninfrastrukturen fördern

Weiterhin wurde diskutiert, wie Daten großer Forschungsinitiativen und -infrastrukturen wie der Medizininformatik-Initiative, des Netzwerks Universitätsmedizin oder der Krebsregister miteinander vernetzt werden können, um mehr Synergien herzustellen. Sebastian C. Semler, TMF-Geschäftsführer, forderte mehr Kooperationen zwischen nationalen Initiativen und Akteuren, damit bestehende personelle und finanzielle Ressourcen effektiver genutzt werden: „Eine gemeinsame Gesundheitsdatenarchitektur im deutschen Gesundheitswesen muss einen dezentral-föderierten Datenaustausch ermöglichen sowie international an den europäischen Gesundheitsdatenraum anschlussfähig sein.“ Dafür seien eine gemeinsame Architektur und Strategie nötig.

Einen Ausblick in die Zukunft gab Prof. Dr. Christiane Woopen, Universität Bonn, in ihrer Keynote über „Über Hochmut und Demut einer Medizin der Zukunft". Sie erläuterte, dass Omics-Technologien und die Digitalisierung aller Lebensbereiche den Schwerpunkt der Gesundheitsversorgung von Diagnostik und Therapie hin zu Prädiktion und Prävention verlagern. „Darauf ist das Gesundheitssystem in Deutschland nicht vorbereitet“, so Woopen.

Interdisziplinärer Austausch zwischen Forschenden notwendig

"Der TMF-Jahreskongress hat eindrücklich gezeigt, dass eine enge Zusammenarbeit von Forschenden aus verschiedenen Bereichen der Medizin, Informatik, Statistik und Ethik unerlässlich ist, um die komplexen Herausforderungen bei der Translation medizinischer Forschungsergebnisse in die Versorgung zu lösen", betonte Tagungspräsidentin und Gastgeberin Prof. Dr. Rita Schmutzler, Uniklinik Köln, zum Abschluss des Kongresses.

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