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Migränetherapie mit M-sense: Wirksamkeit & Patient Empowerment

Wer kennt das nicht: Du hast Migräne, gehst zum Arzt und hoffst auf klare Anweisungen. Nach dem Gespräch versuchst du, die besprochene Therapie bestmöglich umzusetzen und begegnest dabei vielen Hürden, Unsicherheiten und offenen Fragen: Setze ich alle Anweisungen richtig um? Was soll ich genau beobachten? Ist die besprochene Therapie die richtige für mich? Wie messe ich meine Fortschritte und Erfolge?

29.10.2018

Im November 2018 startet das E-Health-Projekt SMARTGEM, das untersucht, inwiefern digitale Unterstützung die Patienten bestärkt, sich aktiv an ihrer Therapie zu beteiligen und zu Experten für die eigene Gesundheit zu werden. Die Studie wird von der Charité Berlin und den Kopfschmerzzentren Halle und Rostock durchgeführt. Beteiligt ist sind außerdem die Krankenkassen AOK Nordost, gesund plus, BKK, VBU und BIG. Zentrales Element ist die Migräne-und Kopfschmerz-App M-sense, die Migräne-Betroffene ermutigen will, sich für ihren eigenen Therapieerfolg einzusetzen. Ziel ist es, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und die Chronifizierung der Erkrankung zu verhindern.

Wer von Migräne betroffen ist, sucht oft lange nach der passenden Therapie. Der Zugang zu Kopfschmerzexperten, die einem dabei unterstützen können, ist allerdings sowohl im ländlichen als auch im städtischen Raum sehr begrenzt. Hier soll die Smartphone-gestützte Migränetherapie SMARTGEM mit einer neuen Versorgungsform, bestehend aus der Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense und telemedizinischen Angeboten (direkter digitaler Ärztekontakt, Patientenforum) die Versorgung verbessern. Das Projekt will nicht nur eine schnelle Besserung der Migräneerkrankung erreichen, sondern auch die Betroffenen aktiv in die eigene Therapie mit einbeziehen. Damit ist SMARTGEM ein Paradebeispiel für Patient Empowerment - aber woher kommt die Idee der informierten, aktiven Patient*innen eigentlich?

Historisch gesehen, ist die Beziehung zwischen Arzt oder Ärztin und Patient*in paternalistischer Natur. Letzteren wird die Rolle von Zuschauern im eigenen Heilungsverlauf zugeteilt und sämtliche Entscheidungen basieren auf dem Expertenwissen des medizinischen Personals. Der Therapieerfolg kann jedoch erheblich verbessert werden, wenn den Erkrankten mehr Eigenverantwortung übertragen wird. Das sogenannte Patient Empowerment verfolgt das Ziel, die Stellung der Patient*innen durch Information, Mitwirkung und Mitentscheidung zu verbessern. Dabei umfasst Patient Empowerment Bereiche wie die Partizipation bei Entscheidungen und die Befähigung zur Selbstmedikation, aber auch eigene Zielsetzungen und Fortbildungen. Besonders Menschen, die an chronischen Erkrankungen leiden, und deren Therapieerfolg zu weiten Teilen von tagtäglichen Entscheidungen abhängig ist, können davon profitieren. „Im Grunde geht es beim Patient Empowerment darum, den Betroffenen eine höhere Gesundheitskompetenz zu vermitteln. Wenn sie besser nachvollziehen können, was ihre Symptome auslöst und verschlimmert, wie sich ihre Lebensweise auswirkt und mit welchen kleinen Stellschrauben sie große Effekte bewirken können, werden sie gestärkt, handlungsfähig und können in Folge dessen viel besser mit ihrer Erkrankung umgehen“, so Markus Dahlem, Migräneforscher und Mitgründer der Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense.

Dabei bedeutet Patient Empowerment nicht, dass die Erkrankten auf sich alleine gestellt sind oder sich von “Dr. Google” beraten lassen sollen. Mit M-sense als zertifizierter Medizinapp sollen Betroffene vielmehr einen Zugang zu validem Expertenwissen erhalten, und dadurch in der Lage sein, Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Dabei begleitet die App nicht nur Patient*innen während und zwischen den Arztbesuchen, sondern ermöglicht auch Arzt*innen schnelle Einblicke in den Krankheitsverlauf. Im Zuge der SMARTGEM-Studie wurde so zum Beispiel ein Webinterface entwickelt, in dem die Behandelnden sich einen Überblick über die Fortschritte ihrer Patient*innen verschaffen und so zu besseren Empfehlungen kommen können. Wichtig für die Umsetzung ist hier die zentrale Idee des Patient Empowerment, dass Betroffenen eine aktive Rolle in ihrem eigenen Genesungsprozess zukommt. “Das Thema Patient Empowerment ist sehr komplex und erfordert ein großes gesellschaftliches Umdenken. Es kann nur funktionieren, wenn eine aktive Mitarbeit offen beworben und gefördert wird“, so Markus Dahlem.

Dieses nötige Umdenken zeigt sich nicht nur in der neuen Studie SMARTGEM, sondern findet vor allem auf dem Gesundheitsmarkt zunehmend statt: E-Health-Angebote wie Wearables und Medizin-Apps sind dabei Taktgeber sowie Katalysatoren und stoßen auf immer mehr Begeisterung. Sie helfen dabei, die empfohlene Therapie regelmäßig umzusetzen und können Therapieerfolge sichtbar machen. Auch die Nutzer*innen der Migräne-App M-sense werden dazu ermutigt, zu Expert*innen ihrer eigenen Kopfschmerzerkrankung zu werden. Dafür halten die Nutzer*innen in ihrem mobilen Kopfschmerztagebuch ihre individuellen Symptome fest und erfahren auf Basis der so ermittelten Daten, was ihre persönlichen Migräneauslöser sind. Das integrierte Therapiemodul M-sense Active  fördert die aktive Auseinandersetzung der Nutzer*innen mit der eigenen Erkrankung. „Durch individuelle Wissenslektionen und nicht-medikamentöse Therapieangebote wie Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, erlangen die Nutzer*innen ein neues Bewusstsein für ihre Krankheit und die Auslöser. Diese Methoden sind der klinischen Praxis entnommen, durch sie lässt sich die Häufigkeit und Intensität der Schmerzen um bis zu 40 % reduzieren“, erklärt Dahlem. Trotzdem sei es wichtig anzumerken, dass Eigenverantwortung keineswegs Selbstdiagnose bedeutet, so der Migräneforscher weiter. Der oder die Betroffene solle nicht zum eigenen Arzt werden, soll aber in der Lage sein, mit Ärzt*innen zu kommunizieren und die eigene Erkrankung zu verstehen.

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