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SEXUALISIERTE GEWALT: WARUM DAS SPRECHEN SO WICHTIG IST.

Die Beratungsstelle Frauennotruf aus München hat sich ein großes Ziel gesetzt: Das wahre Ausmaß sexualisierter Gewalt in die Öffentlichkeit zu tragen und damit den dringend nötigen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen. Dafür hat der Frauennotruf gemeinsam mit der MENSCH Kreativagentur das SPEAKUP-Movement ins Leben gerufen. Für eine Welt, in der Frauen sicher und frei leben können.

11.06.2021

Was viele nicht wissen: In Deutschland leben laut einer repräsentativen Studie des bff (Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe) rund 5,5 Millionen Frauen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Jede 7. Frau hat in ihrem Leben eine derartige strafrechtlich relevante Erfahrung gemacht. Die Hälfte der Frauen schweigt über ihre Erlebnisse – aus Scham, aus Schuldgefühlen und aus vielen anderen berechtigten Gründen. Sexualisierte Gewalt zu thematisieren ist nach wie vor ein Tabu. Das Schweigen schützt die Täter, nicht die Frauen. Denn es verdeckt das wahre Ausmaß von sexualisierter Gewalt in unserer Gesellschaft.

„Das wollen wir mit dem SPEAKUP-Movement ändern“, so Maike Bublitz, Geschäftsführerin des Frauennotrufs in München. „Wo Betroffene aus berechtigten Gründen nicht sprechen können oder möchten, werden wir vom Frauennotruf für sie laut.“ Die Geschäftsführer der MENSCH Kreativagentur, Christoph Bohlender, Matthias Voll und Stephan Gsell, ergänzen: „Deswegen ist auch das SPEAKUP-Movement so laut. Weil die Erlebnisse der Frauen gehört werden müssen. Und weil die riesigen Zahlen betroffener Frauen zum Himmel schreien.“

Theresa Schmeisz vom Frauennotruf fügt an: „Wichtig ist uns beim Frauennotruf, den betroffenen Frauen einen sicheren Raum zu bieten, in dem sie über ihre Erlebnisse sprechen können. So viel oder so wenig sie möchten. Die Frauen haben bei uns die volle Kontrolle. Immer.“

Das SPEAKUP-Movement ist eine Bewegung, die vom Frauennotruf und der MENSCH Kreativagentur als Plakat-Kampagne und in den Sozialen Medien gestartet wurde. Kernstück des SPEAKUP-Movements sind Videos und Posts von betroffenen Frauen. Während man in der Nahaufnahme den Mund der Frauen sieht, berichten sie in wenigen Sätzen ungeschönt über die sexualisierte Gewalt, die sie erfahren haben. Die Erlebnisse sind schockierend. Während ihrer Schilderungen bilden sich über dem Mund der Frauen Linien, die sich am Ende zu einem verstörenden Bild zusammenfügen. So wird durch die Frauen und durch ihr Sprechen sexualisierte Gewalt sichtbar gemacht.

Nina Fuchs, Vorstandsvorsitzende des gemeinnützigen Vereins Kein Opfer e.V., ist eine der Frauen, die ihre Erlebnisse schildern und die sich sogar in der Öffentlichkeit zeigen. Ihre Erfahrung geht durch Mark und Bein: „Ich war mit Freunden in einem Club feiern. Irgendwann sind meine Freunde gegangen und ich bin noch geblieben. Dann hat mir jemand unbemerkt K.o.-Tropfen ins Getränk geschüttet. Ich hatte einen Blackout. Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Gebüsch. Über mir zwei wildfremde Männer. Einer der beiden hat mich vergewaltigt.“ Nina Fuchs kämpft seit Jahren dafür, dass der mutmaßliche Vergewaltiger überhaupt angeklagt wird. Bisher vergebens. Ihr nächster Schritt ist eine Klage am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Zusätzlich zu den Social Media Posts setzt der Frauennotruf auf eine Kooperation mit dem Modelabel „The Colorful Crew“, das nachhaltige Mode produziert. So wird das SPEAKUP-Movement selbst zum nachhaltigen Fashion-Statement, damit möglichst viele Menschen die Botschaft auf die Straße tragen und den Mund gegen sexualisierte Gewalt aufmachen. Unter speakupmovement.de ist die gesamte Kampagne nebst Interviews zu sehen.

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