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Qualität 2030 – Die umfassende Strategie für das Gesundheitswesen

Ulf Fink, Vorsitzender von Gesundheitsstadt Berlin e.V., erklärt anlässlich der Vorstellung der Studie Qualität 2030: „Wir haben im Gesundheitsbereich in Deutschland 40 Jahre Kostendämpfungspolitik betrieben und damit beachtliche Erfolge erzielt. Der Anteil der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung am Bruttoinlandsprodukt ist nahezu konstant. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die eigentliche Herausforderung für jedes Gesundheitssystem der Welt die Verbesserung der Qualität und Patientensicherheit ist. Obwohl das deutsche Gesundheitssystem eines der besten in der Welt ist, haben andere Länder auf manchen Gebieten bessere Ergebnisse vorzuweisen, wie z.B. die Niederlande in der Bekämpfung multiresistenter Erreger. Ich begrüße sehr die mit der Koalitionsvereinbarung getroffenen Maßnahmen zur Stärkung der Qualität. Aber wir brauchen einen neuen Ordnungsrahmen für das Gesundheitssystem, in dessen Mittelpunkt Qualität und Patientensicherheit stehen. Deshalb hat Gesundheitsstadt Berlin, mit 220 Mitgliedern das größte regionale Gesundheitsnetzwerk in Deutschland, die Studie Qualität 2030 in Auftrag gegeben.“
Qualität 2030 – Die umfassende Strategie für das Gesundheitswesen

Prof. Dr. med. Matthias Schrappe

20.11.2014

Die Studie „Qualität 2030 – Die umfassende Strategie für das Gesundheitswesen“ wurde von Prof. Dr. med. Matthias Schrappe, Köln, erstellt. Das Gutachten nimmt zu den zentralen Instrumenten der Qualitätsverbesserung Stellung und fordert einen umfassenden Paradigmenwechsel im deutschen Gesundheitswesen ein.

 

Qualitätsdefizite können im gegenwärtigen Umfang nicht länger toleriert werden

Das Gutachten geht davon aus, dass das deutsche Gesundheitswesen seine Aufgaben gut, in einigen Bereichen sogar hervorragend erfüllt, dass gleichzeitig aber gravierende Qualitätsmängel nicht zu übersehen sind.

Die wichtigsten Qualitätsdefizite sind solche, die die Patientensicherheit betreffen. Die Zahlen des jährlich erscheinenden Qualitätsberichtes der externen Qualitätssicherung nach §137 SGB V zeigen Komplikationen bei mehreren Prozent der Patienten. Auch nach einschlägigen internationalen Studien kommt auf 2 bis 4% der Krankenhaus-Patienten ein vermeidbares, auf Fehler zurückzuführendes unerwünschtes Ereignis zu, das durch die Behandlung bedingt ist. Für Deutschland bedeutet dies: jedes Jahr sind zwischen 380.000 und 760.000 Krankenhauspatienten von Schäden betroffen, die auf Fehler zurückgehen; man muss mit ca. 19.000 vermeidbaren Todesfällen pro Jahr rechnen. Zwar tauchen in den offiziellen Berichten z.B. der Schlichtungsstellen der Landesärztekammern nur einige 1000 Behandlungsfehler pro Jahr auf, dies ist jedoch darauf zurückzuführen, dass nur wenige Prozent der Patienten die unerwünschten Ereignisse gerichtlich oder durch Schiedsstellen klären lassen.

Die beiden wichtigsten Gruppen von unerwünschten Ereignissen sind die nosokomialen (im Krankenhaus erworbenen) Infektionen und die Arzneimittel-bedingten Ereignisse. Nach den Daten des Robert-Koch-Institutes treten jährlich in Deutschland zwischen 400.000 und 600.000 nosokomiale Infektionen auf, ein Drittel davon ist als vermeidbar einzustufen: folglich erleiden ca. 1% aller Krankenhaus-Patienten (zwischen 100.000 und 200.000 pro Jahr) in Deutschland eine vermeidbare nosokomiale Infektion. Die Zahl der vermeidbaren Todesfälle durch Krankenhausinfektionen, nämlich 2500 bis 5000 Todesfälle pro Jahr, ist gut belegt. Der wichtigste Grund dafür ist in der mangelnden Händedesinfektion zu sehen. Das Problem wird noch erheblich dadurch verschärft, dass ein Teil dieser Infektionen durch Bakterien verursacht wird, die gegen einen großen Teil, in der neuesten Zeit sogar gegen alle in Frage kommenden Antibiotika resistent sind. Solche Erreger finden sich nun nicht mehr allein im Krankenhaus, sondern auch in der ambulanten und pflegerischen Versorgung sowie in der Lebensmittelindustrie (z.B. Tiermast). Nosokomiale Infektionen und Antibiotika-Resistenzen sind zu einem bedrohlichen Populations-Problem geworden.


Die unerwünschten Ereignisse im Arzneimittelbereich liegen mindestens in der gleichen Größenordnung. Deutsche und internationale Untersuchungen weisen darauf hin, dass in Deutschland jährlich zwischen 380.000 und 950.000 Krankenhaus-Aufnahmen wegen Arzneimittel-„Nebenwirkungen“ notwendig werden. Besonders ältere Patienten, die mehrere Medikamente gleichzeitig einnehmen, sind einem hohen Risiko ausgesetzt. Es gibt zwar eine Liste von Medikamenten (sog. Priscus-Liste), die bei Älteren nicht eingesetzt werden sollen, trotzdem erhalten rund 20% der älteren Patienten in Deutschland mindestens ein Medikament, das nach dieser Liste nicht empfohlen wird. Gleichzeitig werden durch die Verschreibung von Medikamenten, die entweder als reine Me Too-Präparate (Nachahmer-Präparate) einzuschätzen sind oder bei denen es bewährte Generika gibt, unnötige Kosten für die Gesetzliche Krankenversicherung von bis zu 2 Mrd. € pro Jahr verursacht.


Aber nosokomiale Infektionen und Arzneimittel-bedingte Ereignisse stellen längst nicht das einzige Problem dar. Um einige Beispiele zu nennen: 29,5% der operierten und 36,8% der konservativ behandelten Krankenhauspatienten geben starke oder sehr starke Ruheschmerzen an, 15 % bzw. 39% der Patienten erhalten trotz Schmerzen keine Schmerztherapie. Zwischen verschiedenen Versorgungsregionen gibt es unerklärliche Unterschiede in der Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen um den Faktor 2-4.


Ein Viertel der Patienten haben keine Instruktionen für die Zeit nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, bei jedem 10. fehlen Befunde. Ein Viertel der Patienten hat beobachtet, dass Fachärzten keine Anamnese der Hausärzte vorlag bzw. der Hausarzt keinen Bericht vom Facharzt erhalten hatte. Die Anzahl von Eingriffen, die von einer Einrichtung jeweils jährlich erbracht wird, sagt gut den Behandlungserfolg bei dieser Art von Eingriffen voraus, allerdings hat ungeachtet der gesetzlichen Regelungen die Zahl der Krankenhäuser, die trotz Unterschreiten der Mindestmengen die Leistungen weiter anbieten, nach neuesten Untersuchungen nicht abgenommen. Gleichzeitig werden als IGeL-Leistungen jährlich Leistungen im Wert von 1 bis 2 Mrd. € erbracht, für die kein Nutzenbeleg vorliegt und bei denen sogar Schäden für die Patienten vermutet werden müssen.

Vor dem Hintergrund dieser Qualitätsdefizite im deutschen Gesundheitssystem sind im Rahmen der Strategie Qualität 2030 folgende Handlungsfelder von zentraler Bedeutung:


(A) Qualitätsinstrumente: Einbettung in eine sinnvolle Ordnungspolitik

Die Einführung von Qualitätsinstrumenten wie Qualitätsberichterstattung und Pay for Performance sind hoch-komplexe Eingriffe in das in seiner Komplexität ja ohnedies beeindruckende Gesundheitssystem. Es besteht nicht nur die Gefahr, dass bei der Einführung und Konzeption dieser Instrumente Fehler gemacht werden, sondern auch, dass Erwartungen geweckt werden, die nicht erfüllt werden können, wodurch das Instrument in Verruf gerät. Nur eine umfassende Qualitätsstrategie kann vor Fehlentwicklungen und Enttäuschungen schützen. Zu einer solchen umfassenden Qualitätsstrategie gehört ein Rahmenkonzept mit folgenden Bestandteilen: sowohl positive als auch negative Auswirkungen müssen antizipiert werden (wie kann Qualität in Zentren gestärkt und eine hochwertige Versorgung in der Fläche sichergestellt werden?), es sind organisatorische Aspekte zu beachten (wie kann eine Expertenorganisation erfolgreich gesteuert werden?), die System-Komplexität ist zu berücksichtigen (was müssen Gesundheitspolitik, Krankenkassen und Leistungserbringer jeweils für eine bessere Qualität tun?), welche Modelle zur Veränderung des individuellen Verhaltens (welche ökonomischen Anreize führen zu welchen Effekten?) sind einzubeziehen.

Gerade die Annahmen über die Wechselwirkung zwischen dem grundlegenden Vergütungssystem (z.B. DRG-System) und den Qualitäts-Anreizen sind von größter Bedeutung, denn es ist z.B. nicht davon auszugehen, dass Vergütungsanreize im Rahmen eines Pay for Performance-Ansatzes die dominierenden ökonomischen Vergütungsanreize eines DRG-Systems ohne weiteres neutralisieren können. Deshalb müssen die Qualitätsanreize so eingesetzt werden, dass sie die sektorale Optimierung oder den Mengenanreiz nicht noch weiter verstärken (diese Gefahr besteht z.B. bei ausschließlichem Einsatz von Ergebnisindikatoren), sondern die Bedingungen für eine sinnvolle Weiterentwicklung des Gesundheitssystems schaffen (z.B. durch den Einsatz von populationsbezogenen area-Indikatoren). Diese Weiterentwicklungsperspektive muss wesentliches Ziel der Gesundheitspolitik werden.

Das Gutachten stellt vor diesem Hintergrund die Forderung auf, dass der Gesetzgeber ein Rahmenkonzept „Qualität 2030“ vorlegt, welches umfassend die bis 2030 umzusetzenden Qualitätsinstrumente beschreibt – unter Berücksichtigung des demografischen Wandels, der Notwendigkeit der Stärkung der Prävention, des Aufbaus regionaler, qualitätsgesicherter Versorgungskonzepte sowie der Zentrenbildung und Durchsetzung von Mindestmengen. Der Gesetzgeber erstellt jährlich ein Gutachten zum Stand der Umsetzung der Strategie „Qualität 2030“ unter Einschluss eines Qualitäts-Monitorings, insbesondere von Daten zur vermeidbaren Sterblichkeit durch nosokomiale Infektionen und Antibiotika-Resistenzentwicklung. Das Bundesministerium für Gesundheit beruft einen „Beirat Qualität 2030“ (Beirat Qualität und Patientensicherheit) ein, in dem insbesondere zivilgesellschaftliche Initiativen aus der Ärzteschaft, der Pflege und Qualitätsmanagement mitwirken und ihre Erfahrungen einbringen.

(B) Chronische Mehrfacherkrankungen einer alternden Bevölkerung müssen im Mittelpunkt der Qualitätsanstrengungen stehen

Die Gesundheitsversorgung der Zukunft muss in erster Linie den Bedürfnissen einer alternden Bevölkerung entsprechen, bei der nicht mehr allein die Akutversorgung, sondern die Behandlung (und Begleitung) chronischer Mehrfacherkrankungen sowie deren Prävention im Vordergrund stehen. Diese Verschiebung des Morbiditätsspektrums kann nur bewältigt werden, wenn insbesondere die ausgeprägte (und leider noch zunehmende) Sektorierung des Gesundheitssystems in Deutschland abgebaut wird. Eine verbesserte Integration der Versorgungssektoren, eine bessere Kooperation und Koordination im Interesse der Patienten ist die Basis jeder weiteren Entwicklung.

Es sollte das prioritäre Ziel sein, bis zum Jahre 2030 25 Prozent der Gesamtvergütung der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland ausschließlich für (sektorenübergreifende) regionale, auf die Bevölkerungspopulation abgestellte, qualitätsgesicherte Versorgungskonzepte auszugeben.

(C) Strategische Neuausrichtung der externen Qualitätssicherung überfällig

Die gegenwärtige Qualitätssicherung stammt aus den 90er Jahren, ist ausschließlich Diagnosen- und Prozeduren-orientiert und wurde in dieser Form Anfang des letzten Jahrzehnts in das DRG-System übernommen. 23 von 31 Krankheitsbildern/Prozeduren der jetzigen Qualitätssicherung betreffen die Transplantationsmedizin, die Herzerkrankungen und die Endoprothetik. Dieser Dominanz von akutmedizinischen und operativen Thematiken, die zum größten Teil aus der Maximalmedizin stammen, steht mit der ambulant erworbenen Pneumonie gerade ein einziges Krankheitsbild aus der konservativen Medizin gegenüber, und somit kein einziges chronisch-konservatives Krankheitsbild, das für ältere Patienten charakteristisch ist (z.B. Diabetes mellitus, arterieller Hypertonus, chronische Herzinsuffizienz etc.).

Es müssen dringend Indikatoren zu chronischen Erkrankungen, Mehrfacherkrankungen, zur Behandlungsbedürftigkeit älterer Menschen und zur Integration bzw. Koordination der Versorgung entwickelt werden.

(D) Regionale und Populations-bezogene Qualitätssicherung - das Gebot der Stunde

Das Versorgungsgeschehen und die Qualität der Versorgung hängen sehr stark von den regionalen Leistungsanbietern und –angeboten ab. Die gemeinsame Verantwortung der regionalen Partner für eine qualitativ hochwertige Versorgung muss gestärkt werden. Mit hoher Priorität müssen sogenannte Area-Indikatoren entwickelt werden, die die Qualität der regionalen Versorgung beschreiben können, einschließlich des Zusammenspiels der regionalen Partner (ambulante Versorgung, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Apotheken usw.). Als Beispiele können Einweisungsraten für Verschlechterungen chronischer Erkrankungen (z.B. kindliches Asthma), Einweisungen älterer Menschen wegen Exsikkose oder stationäre Aufnahmen wegen unerwünschter Arzneimittelereignissen gelten. Hierüber können auch Aussagen zur Leistungsfähigkeit der steigenden Zahl von „Ärztenetzen“ gemacht werden.

Integration, Koordination und regionale Versorgung können nur durch sog. Area-Indikatoren und nicht durch akutmedizinische Ergebnisindikatoren abgebildet werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss bzw. das neue Institut für Qualitätssicherung und Transparenz hat hier ein prioritäres Aufgabengebiet.

(E) Keine Qualitätsverbesserung ohne Daten

Qualitätsverbesserungen sind nicht denkbar ohne die Messung von Qualität. Indikatoren sollen vor ungünstigen Qualitätsentwicklungen warnen, sie sind sehr sensitiv eingestellt, d.h. sie müssen rechtzeitig „anschlagen“, auch wenn es sich (wie es bei den Mindestmengen der Fall sein kann) manchmal um einen falschen Alarm handeln sollte. Dagegen sollen Falldefinitionen, so wie sie seit mehreren Jahrzehnten in der Infektionsepidemiologie (nosokomiale Infektionen) erfolgreich eingesetzt werden, exakt die Häufigkeit bestimmen, mit der ein solches Ereignis auftritt, sie müssen sowohl sensitiv sein als auch möglichst wenig falsch-positiven Alarm geben.


In der Qualitätssicherung nach §137 SGB V in Deutschland wird die Trennung zwischen diesen beiden Ansätzen nicht sauber durchgehalten, was zu entscheidenden Schwierigkeiten in der Interpretation führt. So sind nosokomiale Infektionen bei der Endoprothetik zunächst erst einmal Falldefinitionen; dass sie die Qualität der Behandlung insgesamt anzeigen, wird intuitiv angenommen, ist aber nicht immer richtig, denn die Komplikation kann auch aufgrund des Krankheitsverlaufes, wegen der Komorbidität des Patienten oder durch Qualitätsdefizite anderer Behandler aufgetreten sein. Prozessparameter wie das Präparatröntgen beim Mamma-Ca sind jedoch typische Indikatoren, denn sie weisen auf ein erhöhtes Risiko für eine „schlechte“ Behandlung hin. Beide Messmethoden können mit unterschiedlichen Konsequenzen belegt werden: schlägt ein Indikator an, soll die Einrichtung nachweisen, was sie getan hat, um sich zu überzeugen, dass kein Qualitätsproblem vorliegt. Wird eine Komplikation per Falldefinition erkannt, muss die Einrichtung nachweisen, was unternommen wurde, um ein Wiederauftreten zu verhindern.

Der Gemeinsame Bundesausschuss sollte daher dem Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen nach §137 SGB V den vordringlichen Auftrag geben, das Konzept der „Qualitätsmessung“ nach §137 SGB V in ein Konzept zu überführen, das die differentielle Verwendung von Qualitätsindikatoren und quantitativen Qualitätsparametern (Falldefinitionen) zum Gegenstand hat. Eine besondere Bedeutung kommt dieser Beauftragung zu, weil beide Formen der Qualitätsmessung unterschiedlich gewertet werden, insbesondere beim Public Reporting (Qualitätsbericht) und bei einem eventuell einzuführenden Pay for Performance Programm.

(F) Statt Krankenhausplanung: regionale Versorgungsplanung

Die Krankenhausplanung muss zu einer regionalen Versorgungsplanung weiterentwickelt werden. Die Kompetenz für die Versorgungsplanung liegt bei den Bundesländern, die in praxi jedoch nur über einen begrenzten politischen Handlungsspielraum für die Überführung der sektoralen in integrative Strukturen verfügen, z.B. weil dies die Verringerung der stationären Kapazitäten impliziert. Der Schlüssel für eine regionale Versorgungsplanung liegt in der Zentralisierung der Krankenhausversorgung durch die Definition von Mindestmengen für diagnostische oder therapeutische Eingriffe, die bislang jedoch nur für eine sehr kleine Anzahl von Prozeduren erfolgt ist und im übrigen von den Leistungserbringern umgangen wird. Hier ist eine deutliche Verstärkung der Anstrengungen der Bundesebene notwendig. Zusätzlich ist es - wegen des Fehlens von eindeutigen Grenzwerten in den wissenschaftlichen Untersuchungen zu Mindestmengen – notwendig, dass der Gesetzgeber selbst normativ Grenzwerte für Mindestmengen festsetzt und den Gemeinsamen Bundesausschuss von dieser Aufgabe entlastet.

Die Kompetenzen der Bundesländer für eine adäquate regionale Versorgungsplanung sind zu stärken. Der Bundesgesetzgeber sorgt mittels normativ festgesetzter Mindestmengen für eine sinnvolle Zentralisierung, besonders für schwere oder risikobehaftete Therapien.

(G) Regionale Versorgungsplanung Qualitäts-orientiert gestalten

Die Bundesländer müssen im Zuge der Festlegung von Mindestmengen – die zu einer Zentralisierung stationärer Leistungen führen wird - Qualitätsindikatoren entwickeln, die eine Beurteilbarkeit des Zugangs zur Versorgung ermöglichen. Diese Indikatoren müssen für Fachdisziplinen und Erkrankungsgruppen differenziert aufgestellt werden sowie demographische und infrastrukturelle Gesichtspunkte berücksichtigen. Im zweiten Schritt müssen die oben bereits angeführten Area-Indikatoren zur Anwendung kommen, um die Qualität der regionalen Versorgung beurteilen zu können.

Die regionale Versorgungsplanung muss Qualitäts-orientiert vorgenommen werden. In der ersten Linie dienen hierzu Zugangsindikatoren, in zweiter Linie die o.g. Area-Indikatoren.

(H) Qualitätsbericht und Public Reporting – Erweiterung der Indikatoren und regionale Versorgungskonzepte

Seit dem Wettbewerbsstärkungsgesetz 2007 müssen die Ergebnisse der externen Qualitätssicherung unter Offenlegung des Institutionenbezugs der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dieses sog. Public Reporting entfaltet seine Wirkung über indirekte ökonomische Anreize und ist besonders in Gebieten mit hoher Krankenhausdichte und hohem Konkurrenzdruck wirksam. Bei der Qualitätsberichterstattung ist es notwendig, das Spektrum der Indikatoren zu erweitern, die chronische Mehrfacherkrankungen, Prävention und Koordination/Integration adäquat abbilden.

Die Qualitätsberichterstattung und Public Reporting müssen hinsichtlich der zu erwartenden Morbidität und der strukturellen Entwicklungsnotwendigkeiten (Integration) weiterentwickelt werden.

(I) Pay for Performance notwendig – aber keine Einführung ohne Problem- und Zielorientierung

Die internationale Entwicklung spricht klar für die baldige Einführung einer Qualitäts-orientierten Vergütung (P4P). Als Vorbilder sind in erster Linie das Value-Based Performance Programm in den USA, das alle Krankenhäuser umfasst und ab 2015 auch den ambulanten Bereich betrifft, und das von NICE kontinuierlich weiter ausgebaute Quality and Outcome Framework in Großbritannien zu nennen. Auch der Koalitionsvertrag der Großen Koalition vom November 2013 äußert sich in diesem Sinne. P4P ist ein komplexes Feedback-Verfahren, das Wettbewerbselemente einsetzt, um Qualitätsdefizite in Gesundheitsversorgung und Prävention günstig zu beeinflussen. Es ist aus zwei Systematiken zusammengesetzt und basiert auf (1) einer Qualitätsmessung durch definierte Indikatoren und (2) einer nachvollziehbaren Kopplung der Qualität der Versorgung an Vergütungsbestandteile. P4P wird in der Regel nicht als einziges, alleinstehendes Vergütungssystem verwendet, sondern ist in andere Vergütungssysteme (z.B. DRG-System) integriert. Der Sachverständigenrat sprach sich im Jahr 2007 - auf der Basis seines frühen Systematischen Reviews (Studien bis 2006) - vorsichtig für einen Einsatz von P4P aus.


Ein undifferenzierter Einsatz von P4P auf der Basis der bestehenden Diagnose- und Prozeduren bezogenen Qualitätsparameter der jetzigen Qualitätssicherung muss klar abgelehnt werden
, denn die internationalen Erfahrungen aus den USA und Großbritannien zeigen eindeutig, dass in diesem Fall (1) nur geringe Verbesserungen zu beobachten sind, die (2) zeitlich sehr begrenzt sind, (3) gerade bei den schlechteren Einrichtungen sog. Poor performer ausbleiben, und (4) es regelmäßig zu sogenannten „Decken“-Effekten kommt – es sind keine weiteren Verbesserungen mehr möglich. (5) Von überragender Bedeutung ist jedoch, dass es in einem Mengen-getriebenen Vergütungssystem für viele Krankenhäuser sinnvoller erscheint, einen zusätzlichen Fall zu erbringen statt in Qualität zu investieren. P4P muss daher in eine Weiterentwicklungsperspektive des Gesundheitswesens integriert werden, in erster Linie durch eine stärkere Integration der Sektoren.

 

Bis zum Jahre 2030 müssen wirtschaftlich wirksame Anreize eingeführt sein, die Investitionen in Qualität substantiell honorieren. Die Einführung von P4P muss in eine auf mehr Integration und Koordination abzielende Weiterentwicklungsperspektive des Gesundheitssystem eingebettet sein. Bis zum Jahre 2030 sollen zwischen fünf und zehn Prozent des Budgets der stationären und ambulanten Leistungen über P4P Programme ausgezahlt werden.

(J) P4P Programme nur mit Prozessindikatoren sinnvoll

Prozessindikatoren entsprechen am besten den Notwendigkeiten der weiteren Entwicklung des Gesundheitssystems, weil sie die Probleme der Koordination und Patientenerfahrungen gut abbilden können. Sie sind weiterhin deswegen vorzuziehen, weil (1) sie im Verantwortungsbereich einer einzelnen Einrichtung stehen, (2) sie (in den meisten Fällen) keine Risikoadjustierung notwendig machen und (3) daher nicht kleine Einrichtungen benachteiligen, (4) sie außerdem der Sichtweise der Patientenerfahrungen entsprechen und (5) durch ihren präventiven Charakter dem Qualitäts- und Risikomanagement-Gedanken näher als Ergebnisindikatoren sind (sie fördern den kontinuierlichen Verbesserungsprozess). Die großen internationalen Projekte (Value-Based Purchasing-Programm (VBP) der Krankenhäuser in den USA und das Quality and Outcome Framework (QOL) in Großbritannien) stellen Prozessindikatoren deswegen ganz in den Mittelpunkt, diese sind daher auch in Deutschland wieder vermehrt in den Vordergrund zu rücken.

Ergebnisindikatoren sind bei P4P weniger geeignet, da (1) sie einen Anreiz zur Risikoselektion ausüben, (2) es wegen der Attraktion leichter Fälle zu einer Mengenausweitung kommen kann, (3) eine Risikoadjustierung nie komplett sein kann und es daher zu einer Risikoselektion kommt, (4) Manipulationsmöglichkeiten bestehen (Überkodierung der Nebendiagnosen simuliert „Verbesserung“), (5) kleine Einrichtungen wegen kleiner Fallgruppen benachteiligt werden, (6) wegen der großen Bedeutung externer Faktoren (Komorbidität, Qualität in Nachbarsektoren, Verlegungspraxis) Ergebnisse nur schwer korrekt zugerechnet werden können und (7) sie wegen des ex post-Charakters („das Kind ist schon im Brunnen“) Qualitäts-Anstrengungen nur unzureichend zeitnah abbilden.

Nach den internationalen Erfahrungen und wegen der höheren Relevanz für Koordinations- und Integrationsprobleme ist P4P in erster Linie auf der Basis von Prozessindikatoren sinnvoll, Ergebnisindikatoren treten insbesondere wegen der Risikoselektion und statistischen Problemen in den Hintergrund.

(K) Routinedaten sind für eine Qualitätsmessung kaum geeignet

Jedes Gesundheitssystem, das DRG einführt, diskutiert die Nutzung der Abrechnungsdaten zu Zwecken der (konsekutiv eingeführten) Qualitätssicherung. Es ist jedoch nicht sinnvoll, etwas zu messen, nur weil Daten vorliegen, sondern es ist ausschließlich sinnvoll, etwas zu messen, weil ein Problem vorliegt, das sich anzugehen lohnt. Dieser Grundsatz wird immer wieder durchbrochen, gerade in Zeiten des Rufs nach „Bürokratieabbau“ – doch macht dieser Wunsch nach „weniger Dokumentation“ den falschen Ansatz nicht besser. Der Grund liegt in der Natur der vorliegenden Routine- bzw. administrativen Daten (neuerdings auch als „Sozialdaten“ bezeichnet), denn diese sind allein zu Vergütungszwecken entwickelt und optimiert und daher für die Zwecke der Qualitätssicherung weder aussagekräftig noch zuverlässig. Das beste Beispiel ist der Dekubitus (das Liegegeschwür), das bei jungen Patienten administrativ überdokumentiert wird (resultierend in eine erhöhte Vergütung), während er bei älteren Patienten unterdokumentiert wird (keine Bedeutung mehr für die Vergütung wegen der zahlreichen schon bestehenden Nebendiagnosen). Untersuchungen zu diesem Thema weisen nach, dass Routinedaten ca. 50% aller Komplikationen übersehen, insbesondere bei älteren, mehrfacherkrankten Patienten. Sinnvoller ist es, mit Klinischen Falldefinitionen zu arbeiten (analog des Vorgehens in der Infektionsepidemiologie).

Routinedaten sind vorsichtig zu bewerten, da sie 50% aller Komplikationen übersehen. Sinnvoller ist der Einsatz von Klinischen Falldefinitionen analog zur Infektionsepidemiologie. Routinedaten sollten die Qualitätssicherung aber ergänzen und weiter untersucht werden, um z.B. regionale, sektorenübergreifende Versorgungsformen abzubilden (z.B. Area-Indikatoren).

(L) Weitere grundlegende Empfehlungen für die Einführung von P4P

► Die Höhe der P4P-Zahlungen muss besonders im DRG-System die Opportunitäts- und Grenzkosten berücksichtigen. Die Höhe des Qualitäts-bezogenen Erlösanteiles sollte den Messaufwand, die Opportunitätskosten, die Grenzkosten und die Diskontierung berücksichtigen. Bei Einzelleistungsvergütung und DRGs sind hohe Opportunitätskosten (und niedrige Grenzkosten) anzusetzen, die Höhe der P4P-Vergütung muss entsprechend hoch angesetzt werden.


Kleine, häufigere und Ereignis-bezogene P4P-Zahlungen mit on/off-Charakteristik sind größeren integrierten Zahlungen vorzuziehen.

Relative Position, relative Verbesserungen und absolute Grenzwerte sind bei der Kopplung von Qualität und Vergütung zu kombinieren. Die monetäre Kopplung der P4P-Vergütung kann nicht alleine aufgrund der relativen Position auf einer Rankingliste vorgenommen werden, sondern muss ebenso gestaffelte Grenzwerte und relative Positionsverbesserungen mit einbeziehen, damit auch die Poor Performer einen realistischen Anreiz zur Qualitätsverbesserung haben.

Keine durchgängige und voraussetzungslose Kombination mit Public Reporting, für beide Instrumente sollten unterschiedliche Indikatoren verwendet werden. Regelmäßige Änderung der Indikatoren, weil diese sich abnutzen (Decken-Effekt).

 

Schlussfolgerungen:

Qualität muss bei der Gesundheitsversorgung in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Gesundheitspolitik muss die Richtung vorgegeben, strategische Ziele setzen und potentielle negative Auswirkungen kontrollieren. Hierzu gehören:


(1) Der Gesetzgeber legt ein Rahmenkonzept „Qualität 2030“ vor, welches umfassend die bis 2030 umzusetzenden Qualitätsinstrumente beschreibt – unter Berücksichtigung des demografischen Wandels, der Notwendigkeit der Stärkung der Prävention, des Aufbaus regionaler, qualitätsgesicherter Versorgungskonzepte sowie der Zentrenbildung und Durchsetzung von Mindestmengen.


(2) Der Gesetzgeber veröffentlicht einmal jährlich ein Gutachten zum Stand der Umsetzung der Strategie „Qualität 2030“ unter Einschluss eines Qualitäts-Monitorings zentraler Aspekte zur Beurteilung der Qualität, insbesondere von Daten zur vermeidbaren Sterblichkeit durch nosokomiale Infektionen und Antibiotika-Resistenzentwicklung.


(3) Das Bundesministerium für Gesundheit beruft einen „Beirat Qualität 2030“ (Beirat Qualität und Patientensicherheit) ein, in dem insbesondere zivilgesellschaftliche Initiativen (Unternehmen, Kirchen, Verbände außerhalb des Gesundheitswesens) mitwirken. Initiativen aus der Ärzteschaft, der Pflege und Qualitätsmanagement - wie z.B. die Aktion Saubere Hände oder CIRS (im Rahmen der Chirurgie) - haben für die Verbesserung der Qualität und Patientensicherheit in Deutschland sehr viel bewegt. Trotzdem stellen Anregungen von Institutionen, die nicht aus dem Gesundheitswesen stammen, wichtige Treiber für eine verbesserte Qualität und Patientensicherheit dar. Die Statements dieser Initiativen sind im Rahmen der jährlichen Gutachten zu veröffentlichen.


(4) Die zukünftige Qualitätssicherung muss die Versorgung von chronischen Mehrfacherkrankungen und deren Prävention abbilden, wie sie für die Gesundheitsversorgung einer alternden Bevölkerung typisch sind. Die bisherige ausschließliche Konzentration auf die Eingriffs-bezogene Akutmedizin muss überwunden werden.


(5) Die zukünftige Qualitätssicherung muss die strukturelle Weiterentwicklung des Gesundheitssystems aktiv fördern. Verbesserungen von Integration, Koordination und Behandlungsprozessen sind nicht nur für die Versorgung einer alternden Bevölkerung von größtem Interesse, sondern können auch der derzeitigen sektoralen Optimierung wie z.B. der Mengenausweitung im DRG-System entgegenwirken. Daher sind statt akutmedizinisch-prozeduraler Indikatoren sog. Area-Indikatoren zu entwickeln, wie sie auch international für regionale Versorgungsstrukturen gängig sind.


(6) Die Krankenhausplanung muss in eine regionale Versorgungsplanung überführt werden, die Qualitäts-orientiert vorgenommen wird und neben Strukturindikatoren (z.B. IT-Ausstattung) vor allem Prozessindikatoren (z.B. Koordination, nosokomiale Infektionen wie MRSA) in den Vordergrund stellt. Die Bundesländer benötigen die Kompetenz zur qualitätsorientierten Versorgungsplanung, auf Bundesebene sollten die Mindestmengen mit größerer Stringenz weiterentwickelt werden. Bis zum Jahr 2030 sollten 25 Prozent der Gesamtvergütung der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland ausschließlich für (sektorenübergreifende) regionale, auf die Bevölkerungspopulation abgestellte, qualitätsgesicherte Versorgungskonzepte ausgegeben werden.


(7) Prozessindikatoren bilden die vorgenannten Notwendigkeiten besser ab als Ergebnisindikatoren, die risikoadjustiert werden müssen, kleine Einrichtungen benachteiligen und die sektorale Optimierung einschließlich Mengenanreiz fördern. Koordination und „Versorgung aus einer Hand“ sind außerdem wichtige Indikatoren aus Patientensicht.

 

(8) Routinedaten sind vorsichtig zu bewerten, da sie 50% aller Komplikationen übersehen. Sie sollten die Qualitätssicherung aber ergänzen und weiter untersucht werden, um z.B. regionale, sektorenübergreifende Versorgungsformen abzubilden (Area-Indikatoren).


(9) Bei der Fortentwicklung der Qualitätsberichterstattung (Public Reporting) muss der akutmedizinische, auf Eingriffe bezogene Ansatz der jetzigen Qualitätssicherung verlassen werden und in einen integrativen, die Morbidität der alternden Bevölkerung berücksichtigenden Bezug überführt werden.


(10) Die Einführung von Pay for Performance (P4P) sollte an eine sinnvolle Weiterentwicklungsperspektive des Gesundheitssystems geknüpft werden, weil sonst die Gefahr besteht, die sektorale Optimierung mit Mengenanreiz noch zu verstärken. Prozessindikatoren und Klinische Falldefinitionen stehen im Vordergrund, Ergebnisindikatoren und Routinedaten sind nachgeordnet. Die Höhe der Vergütung muss die Opportunitäts- und Grenzkosten berücksichtigen, weitere aus dem Rahmenkonzept abgeleitete Gesichtspunkte sind zu berücksichtigen. Bis zum Jahre 2030 sollen zwischen fünf und zehn Prozent des Budgets der stationären und ambulanten Leistungen über P4P Programme ausgezahlt werden.

(11) Analog des Vorgehens anderer Länder braucht auch Deutschland einen Ordnungsrahmen als Basis für die weitere Entwicklung von Qualität und Patientensicherheit. Dieser Ordnungsrahmen wird durch den Gesetzgeber bzw. das Bundesministerium für Gesundheit erstellt und durch ein jährliches Gutachten zum Stand der Qualitätssicherung aktualisiert, das dem umfassenden Ansatz des Rahmenkonzeptes entspricht.

V.i.S.d.P.:

Gesundheitsstadt Berlin

Dr. Franz Dormann

Schützenstraße 6a, 10117 Berlin

Tel.: 030-700117612

Mail: office@gesundheitsstadt-berlin.de

Glossar

Administrative Qualitätsindikatoren

s. Routinedaten

Area-Indikatoren

Area-Indikatoren sind Qualitätsindikatoren, die die regionale und sektoren-übergreifende
Behandlung einer Bevölkerungspopulation beschreiben. Sie werden in Deutschland noch nicht planmäßig erhoben, stellen jedoch in Zukunft eines der wichtigsten Ansatzpunkte der Qualitätssicherung dar. Area-Indikatoren sind von transsektoralen Qualitätsindikatoren abzugrenzen.

Behandlungsfehler

s. unerwünschte Ereignisse

Ergebnisindikatoren

Ergebnisindikatoren sind Qualitätsindikatoren, die die Qualität des beabsichtigten Behandlungsziels beschreiben (z.B. Heilungserfolg nach einer Oberschenkelfraktur). Sie müssen „risikoadjustiert“ werden (z.B. nach Alter, Vorerkrankungen).

Falldefinitionen

Epidemiologische Falldefinitionen „zählen“ unerwünschte Ereignisse wie z.B. nosokomiale Infektionen und werden in der Krankenhaushygiene international bereits seit Jahrzehnten verwendet. Sie sind abzugrenzen von Qualitätsindikatoren, die der Vorhersage von Qualitätsproblemen dienen.

Institut für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen

Dieses Institut ist mit dem Finanzstruktur- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetz vom Mai d.J. beschlossen worden und wird derzeit eingerichtet. Es unterstützt den Gemeinsamen Bundesausschuss und soll z.B. die Entwicklung von Qualitätsindikatoren in Deutschland weiterführen.

Mindestmenge

Zahl von Behandlungen, die nach §137 SGB V und den entsprechenden Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses pro Jahr in einem Krankenhaus durchgeführt werden müssen, um die Leistungen auch in Zukunft erbringen zu dürfen. Rekurriert auf die Beziehung zwischen Leistungsmenge und Qualität und führt zu einer stärkeren Zentralisierung der Behandlung.

Nosokomiale Infektionen

Behandlungs-assoziierte Infektionen, früher „Krankenhaus-Infektionen“.

Pay for Performance (P4P)

Vergütung für die erbrachte Qualität der Behandlung (statt alleine der Leistungsmenge), wird auch als „Qualitäts-orientierte Vergütung“ bezeichnet. Der betreffende Vergütungsbestandteil wird an definierte  Qualitätsindikatoren gekoppelt. Wird in den USA und Großbritannien breit eingesetzt, in Deutschland befindet sich dieses Konzept in der Diskussion.

Prozessindikatoren

Prozessindikatoren sind Qualitätsindikatoren, die sich auf den Behandlungsablauf beziehen, also z.B. ob der Arztbrief rechtzeitig erstellt worden ist. Sie haben oft einen Einfluss auf das Ergebnis der Behandlung (s. Ergebnisindikatoren). Formal sind auch nosokomiale Infektionen oder andere Komplikationen als Prozessindikatoren einzuordnen, werden aber oft als Ergebnisindikatoren bezeichnet, sofern sie das Behandlungsergebnis mit beeinflussen.

Public Reporting

Öffentlicher Bericht über die Qualitätsindikatoren einer Institution (z.B. Krankenhaus), so wie sie im Qualitätsbericht dargelegt werden.

Qualitätsbericht

Bestandteil der Qualitätssicherung, der Auskunft über die geleistete Qualität gibt und für Transparenz für die Patienten und zuweisenden Ärzte sorgen soll. Nach §137 SGB V sind Qualitätsberichte für die deutschen Krankenhäuser vorgeschrieben, für eine gewissen Zahl von darin enthaltenen Qualitätsindikatoren wird das betreffende Krankenhaus namentlich genannt (Public Reporting).

Qualitätsindikatoren

Gut messbare Parameter, die Auskunft über die Qualität der Behandlung geben und mögliche Qualitätsdefizite vorhersagen. Sie werden z.B. bei P4P oder den Qualitätsberichten eingesetzt. Die Qualitätsindikatoren werden unterteilt in Struktur-, Prozess- und Ergebnisindikatoren. Abzugrenzen sind sie von Falldefinitionen.

Qualitätsmanagement

Steuerung der Qualität mit dem Ziel der Qualitätsverbesserung (meist institutionell gebraucht)

Qualitätssicherung

Darlegung der geleisteten Qualität (z.B. in einem Qualitätsbericht). Auf Systemebene auch als Instrument der Qualitätsverbesserung verwendet ( Qualitätsmanagement).

Routinedaten

Qualitätsindikatoren, die aus Abrechnungsdaten der Behandlung in den unterschiedlichen Sektoren des Gesundheitssystems gewonnen werden.

Strukturindikator

Qualitätsindikator, der die institutionellen (z.B. baulichen) und strukturellen Voraussetzungen (z.B. Ausbildungsstand des Personals) beschreibt.

Transsektorale Qualitätsindikatoren

Qualitätsindikatoren, die die Behandlung von Erkrankungen über die Sektorengrenzen (z.B. stationär/ambulant) hinweg beschreiben, ohne jedoch die Sektorgrenzen an sich in Frage zu stellen.

Unerwünschte Ereignisse

Unerwünschte Ereignisse sind unbeabsichtigte negative Ergebnisse für die Patienten, die nicht dem Krankheitsverlauf, sondern der Behandlung geschuldet sind. Gehen sie auf Regelverletzungen (Fehler) zurück, sind sie als vermeidbare unerwünschte Ereignisse einzustufen. Als Behandlungsfehler werden vermeidbare unerwünschte Ereignisse bezeichnet, die mangelnde Sorgfalt erkennen lassen. Diese stellen einen juristischen Begriff dar, während der Begriff der unerwünschten Ereignisse epidemiologischer Natur ist, also der quantitativen Erhebung dient.



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