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„Die Stimmung in der Pflege wird frostiger“

„Die Stimmung in der Pflegebranche ist im Vergleich zum Vorjahr weiter abgekühlt.“ Diese Schlussfolgerung zieht Stephanie Hollaus, Projektverantwortliche des CARE Klima-Index Deutschland beim Befragungsinstitut Psyma Health & CARE GmbH. Für 2018 beträgt der Psyma CARE Klima-Index 95,3. Damit ist das Klima im Vergleich zum Basisjahr 2017 um -4,7 Punkte abgekühlt. Die Ergebnisse zeigen: Die Pflege fühlt sich weiterhin nicht ausreichend von der Politik vertreten.

16.01.2019

74 % der Befragten geben an, dass der Stellenwert des Themas Pflege in der Politik nur von niedriger Relevanz sei und beurteilen ihn damit, angesichts laufender politischer Initiativen durchaus überraschend, um 5 %-Punkte schlechter als im Vorjahr. Auch das gesellschaftliche Ansehen der Berufsgruppe schätzen die Befragten niedriger ein, die Wahrnehmung sinkt um weitere 10 %-Punkte: 38 % der Befragten meinen, der gesellschaftliche Stellenwert der Pflege sei geringwertiger als der von anderen Berufsgruppen. Ursache könnte das Image des Berufes durch die schwierigen Arbeitsbedingungen sein, vermutet Franz Wagner, Präsident des Deutschen Pflegerats e. V.: „Die schon chronisch hohe Arbeitsbelastung prägt die Stimmung der Berufsgruppe und immer mehr Menschen erfahren die Probleme hautnah.“ So entstehe auch der damit verbundene allgemeine Eindruck von der Versorgungsqualität. Denn während die Pflegeversorgung 2017 von 24 % der Befragten als qualitativ mangelhaft eingeschätzt wurde, sind es 2018 bereits 29 %.

 

Unverändert skeptisch bleibt der Blick in die Zukunft: Wie im vergangenen Jahr gehen 42 % der Befragten davon aus, dass die Pflegeversorgung in Zukunft nur teilweise sichergestellt ist. Sogar 46 % gehen im Jahr 2018 davon aus, dass sie nicht sichergestellt ist, im Jahr 2017 lag dieser Wert noch bei 42 %.

 

Die Patientensicherheit beurteilt, wie auch im Jahr zuvor, die Hälfte der Befragten als „teilweise gewährleistet“.

„Insgesamt sind bei den Pflegefachpersonen vor Ort bisher keine positiven Veränderungen im realen Arbeitsalltag zu spüren“, schlussfolgert Franz Wagner. Denn der Anteil derer, die „schlechte“ Werte für die Arbeitsbedingungen der Pflegefachpersonen aussprechen, steigt weiter: Während 2017 bereits 51 % der Befragten die Bedingungen als „schlecht“ beurteilten, stieg dieser Wert im Jahr 2018 auf 60 %. „Deshalb – und um Vertrauen zu bilden – fordert der Deutsche Pflegerat insgesamt 100.000 Stellen zusätzlich zu schaffen und diese fest zuzusagen“, insistiert Franz Wagner.

Eine klare Einschätzung finden die Befragten beim Thema personelle Ausstattung: 71 % der Befragten gehen davon aus, dass diese der gegenwärtigen Situation nicht gerecht wird. 25 % meinen, sie wird ihr teilweise gerecht, lediglich 4 % gehen davon aus, dass sie der momentanen Situation genügt. Weitere 76 % aller Befragten glauben zudem nicht daran, dass der Bedarf in den kommenden Jahren gedeckt werden kann.
Die Versorgung bei einer Patientenüberleitung, z. B. beim Entlassmanagement oder der nachstationären Versorgung, bewerten fast alle Zielgruppen schlechter. Der Anteil derer, die sie „problematisch“ einschätzen, sinkt im Jahresvergleich um 11 %-Punkte auf 44 %.

Weitere interessante Ergebnisse liefert auch die Frage nach der wahrgenommenen Beratungsqualität: Während die professionelle Pflege selbst mit 40 % am häufigsten die Bewertung „gut“ erhält und mit 42 % bei einer nahezu identischen Selbsteinschätzung landet, neigt der Rest der befragten Gruppen tendenziell zur Selbstüberschätzung. So bewerten über 50% der Apotheker und Kostenträger ihre eigene Beratung „gut“, während die Fremdwahrnehmung bei den Apothekern bei 23 % liegt, bei den Kostenträgern nur bei 12 % (ohne Pflegestützpunkte).

 

Hohe Übereinstimmung bei allen Befragten findet sich bei der Frage nach Einschränkungen durch eine häusliche Pflegesituation. Sehr hohe Einschränkungen gibt es in allen Bereichen: im persönlichen (38 %), wirtschaftlichen (33 %), beruflichen (39 %), familiären (45 %) und ganz besonders im mentalen (55 %).
Trotz der angespannten und mehrheitlich negativ bewerteten Lage sendet die Pflegebranche auch ein gutes Signal an die Politik: 86 % aller Befragten stimmten in der Umfrage für die Ausweitung der Leistungen zur Pflegeversicherung – und immerhin 77 % wären bereit, dafür auch einen höheren Beitrag zur Pflegeversicherung zu bezahlen.

Andreas Westerfellhaus, Staatssekretär und Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung zeigt sich erstaunt über die mehrheitlich kritischen Ergebnisse, stehe doch die Pflege ganz oben auf der politischen Agenda. Fachkräftegewinnung und eine langfristige Berufsbindung blieben aber zentrale Themen, die im Pflegealltag spürbare Verbesserungen erreichen müssten. Zudem brauche es eine stärkere interdisziplinäre Zusammenarbeit in der Pflege, um den gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen: „Eines meiner großen Ziele ist es deshalb, die Aufgaben zwischen den Gesundheitsberufen neu zu verteilen. Die Gesundheitsversorgung der Zukunft werden nicht spezialisierte Einzelkämpfer bewältigen können, sondern interprofessionelle Teams, die es verstehen, über Versorgungs- und Professionsgrenzen hinweg zu arbeiten. Nur so werden wir erreichen, dass die Pflege in Zukunft in der Gesellschaft als das wahrgenommen wird, was sie ist – ein verantwortungsvoller und hochprofessioneller Beruf auf Augenhöhe mit den anderen Gesundheitsberufen“, so Andreas Westerfellhaus.

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