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VV der KVB fordert realistische Zeitplanung in Sachen Telematikinfrastruktur

Die zukünftige Gestaltung des Gesundheitssystems nach der Bundestagswahl war das übergreifende Thema der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), die gestern in München stattfand. Dabei stand insbesondere die vom Gesetzgeber forcierte Einführung einer Telematikinfrastruktur (TI) sowie generell die Digitalisierung der Medizin im Fokus.

Einstimmig verabschiedete die VV Anträge, die den Gesetzgeber zu einer realistischen Zeitplanung in Bezug auf die TI auffordern sowie die überragende Bedeutung eines persönlichen und unmittelbaren Arzt-Patienten-Kontaktes betonen. Weitere wichtige Themen der VV unter Vorsitz der oberfränkischen Hausärztin Dr. Petra Reis-Berkowicz waren die von den politischen Parteien in ihren Wahlprogrammen geäußerten Vorstellungen zur Umgestaltung des Gesundheitswesens sowie die Weiterentwicklung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Bayern.

Dr. Wolfgang Krombholz, der Vorstandsvorsitzende der KVB, äußerte sich dabei sehr kritisch zu den bislang vorgelegten Reformideen aller Parteien. "Uns Ärzten sind in den letzten Jahren permanent Restriktionen per Gesetz aufoktroyiert worden. Ich habe nicht den Eindruck, dass im Bundestagswahlkampf nun ein Umdenken erfolgt", so Krombholz. Dabei habe gerade die KVB mit erfolgreichen Projekten wie der Wirkstoffvereinbarung im Arzneimittelbereich - "Seit zweieinhalb Jahren ist in Bayern deswegen kein Arzt mehr in die Prüfung  gekommen", so Krombholz - und der Neustrukturierung des Bereitschaftsdienstes mit der Einrichtung zentraler
Bereitschaftspraxen sowie eines separaten Fahrdienstes bewiesen, dass sie die notwendigen Lösungen für die Herausforderungen in der ambulanten Versorgung parat habe. Der Vorstandsvorsitzende stellte auch die bisherigen Aktivitäten der KVB zur Nachwuchsgewinnung in unterversorgten und drohend unterversorgten Regionen vor.


Bislang seien seit Juni 2013 über 100 Förderanträge mit einem finanziellen Volumen von rund 5,5 Millionen Euro bewilligt worden. Dennoch sei es trotz großer Bemühungen nicht immer möglich, in jeder Region Nachfolger für Praxen zu gewinnen. Krombholz warb deshalb dafür, dass die KVB als "Ultima Ratio" zur Sicherung der ambulanten Versorgung auch KV-Eigeneinrichtungen vorsehen sollte. Die VV unterstützte einen entsprechenden Antrag, der solche Einrichtungen ermöglicht.

Der erste stellvertretende Vorstandsvorsitzende Dr. Pedro Schmelz ging in seiner Rede anfangs auf die Honorarsituation der Fachärzte ein und stellte dar, dass die kalkulatorischen Fallwerte aller Fachgruppen in den Jahren 2013 bis 2016 nahezu zu hundert Prozent vergütet werden konnten. Dennoch sei die Budgetierung der Honorare im ambulanten Bereich nach wie vor eine "Niederlassungsbremse" für die jungen Ärzte.
Moderaten Honorarsteigerungen stünden stetig wachsende Betriebskosten gegenüber.

Schmelz trat auch der häufig geäußerten Kritik entgegen, wonach die Fachärzte zu wenige Sprechstunden für gesetzlich Krankenversicherte anböten. Wie per Gesetz gefordert, habe die KVB geprüft, inwiefern die Fachärzte ihren Patienten ausreichend zur Verfügung stehen. Ergebnis laut Schmelz: "Über alle geprüften Arztgruppen hinweg werden die Versorgungsaufträge sehr gut erfüllt." Dafür spreche auch, dass die Terminservicestelle in Bayern von den Patienten nach wie vor kaum in Anspruch genommen werde. In Sachen Telematikinfrastruktur übte Schmelz deutliche Kritik an der Politik, die die Ärzteschaft mit finanziellen Repressalien bedrohe, obwohl es doch an der Industrie liege, dass die für den Aufbau der TI erforderlichen
Komponenten noch nicht lieferbar seien. Schmelz bezeichnete dies als "Posse und trauriges Schauspiel" und empfahl den Mitgliedern der KVB, sich durch die politischen Drohszenarien nicht unter Druck setzen zu lassen.

Dr. Claudia Ritter-Rupp, die zweite stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KVB, konzentrierte sich in ihrem Vortrag speziell auf die psychotherapeutische Versorgung. So habe die seit April 2017 eingerichtete Terminservicestelle für Psychotherapie in den ersten beiden Monaten ihres Bestehens rund 750 Termine für die
psychotherapeutische Sprechstunde beziehungsweise die Akutbehandlung vermitteln können. Ärgerlich sei die hohe Zahl der Stornierungen, die von Seiten der Patienten ausgehen. Auch im Bereich der Psychotherapie läuft derzeit bei der KVB eine Analyse, inwiefern ausreichend Kapazitäten für die Versorgung zur Verfügung stehen. Wenn man dabei feststelle, dass in einzelnen Praxen sehr wenige Patientenkontakte stattfinden, würden Berater der KVB diese kontaktieren und gemeinsam nach Lösungen suchen, so Ritter-Rupp: "Unser Credo lautet ganz klar: Beratung statt Bestrafung".

Sie stellte zudem ein neues Projekt zur Psychoneuroimmunologie vor, mit dem sich die KVB gemeinsam mit dem BKK-Landesverband Bayern sowie weiteren Partnern für eine Förderung durch den Innovationsfonds beworben hat. Abschließend erneuerte sie die Kritik der KVB am Beschluss des Erweiterten  Bewertungsausschusses zur Vergütung der neuen Psychotherapie-Leistungen, konnte dann aber auch noch ganz aktuell über die gestrige positive Entscheidung für eine Aufwertung der Honorierung informieren.


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